Cuba, Quoten, Chrustschow und Onkel Ho
Der Kaffeemarkt hat und hatte schon von Beginn an politische Implikationen. Der Yemen verbot die Ausfuhr von Kaffeepflanzen und ließ grüne Kaffeebohnen nur abgekocht aus dem Land, um eine Keimung zu verhindern. Erst der Raub von Kaffeepflanzen durch Holländer ermöglichte die weltweite Verbreitung des Kaffeeanbaus rund um den Äquator. Lange Zeit beherrschten amerikanische Handelshäuser den Kaffeemarkt, nach deren Pleite dann später die Kaffeebörse in New York eröffnet wurde.
Das Auf und Ab der Kaffeepreise, s. a. «Schweine-Zyklus», führte sowohl zu Überproduktionen als auch zu Marktverknappungen. Um eine neue Marktstabilität zu erreichen, wurde 1963 das «Internationale Kaffeeabkommen» eingerichtet, das zu einer Preisregulierung durch Ausfuhrquoten führen sollte. Die meisten Importländer, allen voran die USA, stimmten dem Abkommen zu. Der sog. «Ostblock» trat jedoch dem Abkommen nicht bei.
Das Internationale Kaffeeabkommen gilt bis heute als eines der wenigen Rohstoffabkommen, das immerhin 26 Jahre den Irrungen und Wirren des Marktes standhielt, während andere Abkommen zumeist nach wenigen Jahren scheiterten.
Die Funktionsweise war relativ einfach: Fielen die Preise unter ein bestimmtes Niveau, wurden die Ausfuhrquoten gekürzt, um den Markt zu stützen, bei Preisen oberhalb der Grenze, wurden die Quoten erhöht. Der Mechanismus funktionierte einigermaßen reibungslos, allerdings schneller und effektiver, wenn die Preise steigen sollten.
Darüber hinaus tauchte das Phänomen des sog. «Touristenkaffees» auf. Da die im Ostblock befindlichen Importländer nicht an das Abkommen gebunden waren, konnten sie außerhalb der Quoten Kaffee günstiger einkaufen, den sie dann teilweise an Länder weiter verkauften, die sonst nur quotierten Kaffee importieren konnten.
Für die USA hatte das Abkommen vor allem politische Bedeutung. Nachdem Castro Cuba in das sozialistische Lager geführt hatte, und viele Mittel- und südamerikanische Länder auf Hilfe von Chrustschow angewiesen waren, sollte das Kaffeeabkommen dazu beitragen, einer drohenden Verarmung der Landbevölkerung zu verhindern und somit kommunistischen Annäherungen den Boden entziehen. Heißer Kaffee im kalten Krieg!
Erst als 1989 der Ostblock kollabiert, gleichzeitig die Rohkaffeelager in den Erzeugerländern zum Bersten voll sind, ist das Abkommen nicht mehr zu halten. Insbesondere die Amerikaner sehen keine politische Notwendigkeit für eine Regulierung des Kaffeemarktes mehr und kündigen ihre Mitgliedschaft auf, mit der Folge, dass es auch für den «Rest der Welt» nicht mehr haltbar war. Die Quotenregelung wurde suspendiert, d. h. ausgesetzt aber nicht eliminiert. Der Gralshüter des Abkommens, die International Coffee Organisation, kurz ICO, mit Sitz in London, erfüllt heute vor allem Aufgaben der Kaffeestatistik und Beratung.
Der Wegfall der Quoten führte dazu, dass die Lagerbestände in den Erzeugerländern abgebaut werden konnten, allerdings mit der Folge sinkender Preise. Gleichzeitig tauchte ein neuer Anbieter auf dem Rohkaffeemarkt auf, mit dessen Geschwindigkeit niemand gerechnet hatte.
Waren bis in die 1990er Jahre Brasilien, Kolumbien und Indonesien die größten Kaffeeproduktionsländer, kamen Onkel Ho´s Enkel immer mehr auf den Kaffeegeschmack und schafften es innerhalb von wenigen Jahren, Kolumbien von Platz 2 zu verdrängen.
Oft wird behauptet, die Weltbank hätte den Kaffeeboom Vietnams gefördert. Es wurden, so Wikipedia, Regenwälder gerodet und Ureinwohner vertrieben. Richtiger ist, dass die Regenwälder eher amerikanischen Gifteinsätzen zum Opfer fielen. Gleichzeitig war es das Ziel der vietnamesischen Regierung, ethnischen Gruppen, die im Land umherzogen, eine feste Bleibe zu ermöglichen. Dafür erhielten sie Land für den Anbau von Kaffee.
Die Weltbank unterstützte dieses Vorhaben, aber in einem nur sehr geringen Umfang. Heute ist Vietnam Kaffee eine feste Größe im internationalen Kaffeemarkt, auch wenn viele Röster z. B. in Deutschland bestreiten, jemals Vietnam Kaffee einzusetzen, bleibt es dennoch verwunderlich, dass Deutschland einer der größten Importeure des Robustas aus den Plantagen um Dak Lak ist.
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